Interviews | Ulme | Es muss im Jahr 1996 gewesen sein, als ich das erste Mal von Ulme gehört habe. Damals bin ich nach Hamburg gefahren um mir Harmful anzuschauen. Es war die erste BluNoise Records Tour mit Les Hommes Qui Wear Espndrillos, Harmful und halt Ulme. Dieses Konzert hat mich sehr geprägt und seit dem habe ich Ulme in mein Herz geschlossen. Und die erste Platte „Re-fuse me (6,3A/250V) war auch der ausschlaggebende Grund eine eigene Band wieder zustarten. Seit dem sind einige Jahre vergangen und Ulme haben in der Zwischenzeit, wenn auch mit einer langen Unterbrechung, ihr sechstes Output auf den Markt geschmissen. Dieses tauften sie auf dem Namen „Dreams of the earth“. Auch hier wird deutlich das Ulme zu den Noiserocker der ersten Stunde in diesem Lande zählen. Zeit für mich eine Rückblende zu erstellen und Zeit für ein paar Fragen an das Trio.
Die Vergangenheit:
Ihr wart jetzt einige Jahre von der Bildfläche verschwunden. Was habt ihr in der Zwischenzeit gemacht bzw. gab es andere musikalische Projekte?
Arne: Ich hatte eine coole Band mit dem Namen Ahab. Das ging stilistisch in die Ulme
Ecke.
Tim: Ich,habe nachdem ich bei den Sissies raus war, nichts musikalisches mehr gemacht
Und mich um den Nachwuchs gekümmert.
Gab es diesmal bestimmte Gründe warum ihr nicht mehr mit Guido Lucas zusammengearbeitet habt?
Arne: Wir hatten Lust etwas neues aus zuprobieren, auch mal im Hamburger Raum
Auf zunehmen. Guido ist und bleibt ein toller Produzent. Vielleicht geht es mit der
nächsten Platte ja wieder nach „Noisedorf“, wer weiß.
Kann man eigentlich irgendwo noch die “Veiculo longo“ (split 10" ULME/PENDIKEL) von 1997 käuflich erwerben?
Arne: Also, ich habe selbst kein Exemplar der 10“.Ich denke es gibt auch keine
mehr, waren ja sowieso limitiert.
Die Gegenwart:
Habt ihr noch Kontakt zu euren alten Labelkollegen wie z.B. Harmful oder Pendikel, die ja auch noch gut dabei sind?
Arne: Vor kurzem haben wir einige Shows mit Pendikel gespielt. Für mich war es
Eine riesen Freude Carsten wieder zusehen nach all den Jahren. Wir hatten
eine coole, gemeinsame Zeit damals.
Was ist es für ein Gefühl wieder am Start zu sein und in der heutigen Musiklandschaft mit zumischen?
Arne: Ein gutes Gefühl, wenn auch etwas ungewohnt wieder etwas mehr
Präsent zu sein.
Und wie beurteilt ihr die Musikszene heute?
Arne: Vieles was so gespielt wird finde ich ziemlich langweilig und nerv-
tötend, aber das war glaube ich nie anders.
Tim: Geht mir eigentlich genauso. Ich hab aber ehrlicherweise auch kaum ne
Ahnung von der heutigen Szene. Wenn ich mal Musik höre, dann eigentlich nur die
Alten Helden.
Ich konnte gerade bei auf der Labelseite Noisolution nachlesen, dass euer Schlagzeuger Jan-Eric nicht mehr dabei ist. Was ist passiert?
Arne: Jan-Eric kann leider aus persönlichen Gründen leider bei Ulme nicht mehr
dabei sein.
Die Zukunft:
Kann man live auch ein paar ältere Songs von der „Re-fuse me (6,3A/250V)“ oder „Ordinary diva“ erwarten?
Arne: Prinzipiell ja, ob auch bei den nächsten Konzerten wird sich noch
zeigen. Wir proben grade mit einem Gastschlagzeuger das Ulme-Material.
Und wann spielt ihr mal wieder in Bremen, dann bekommt ihr auch wieder den köstlichen Schnaps mit Tequila, Sambuca und Tabasco, falls man sich erinnern mag?
Arne: Vielleicht im Herbst `07 ?!
Tim: OH Ha, erinnere mich an das Teufelszeug!
Gibt es Zukunftspläne für den ausländischen Markt, oder konzentriert ihr euch jetzt erstmal auf Deutschland?
Arne: Erstmal `nen neuen Schlagzeuger, dann Deutschland, dann den Rest der Welt…
mal sehen…
Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass Ulme auch die CD`s auf Vinyl pressen, mal abgesehen von der „split 10“:
Arne: Diese Idee mit dem Vinyl hatten wir auch schon. Ist halt ne Kostenfrage, aber
schön wäre es schon.
Eine Coverversion könnte ich mir auch sehr gut vorstellen, natürlich mit dem Charakter von Ulme. Eigene Vorstellungen eines Coversongs?
Arne: Vielleicht etwas von Mudhoney?
Tim: Wenn covern, dann sollte es etwas abstruses, unmögliches sein und daraus heißen
Scheiß machen.
Musikalisch:
Wie kommt ihr auf die rhythmisch teilweise recht komplexen Riffs?
Arne: Die entstehen spontan, durch ausprobieren, einfach spielen, irgendwann
kommt es von selbst.
Die Gitarren sind ziemlich tief und fett…. Wie tief stimmt Ihr genau?
Arne: Verdammt tiieeef…
Tim: Cis,Fis,B…
Moll oder Dur, was ist euch lieber?
Arne: Beides ist schön.
Auch bei eurer neuen Produktion sind einige Overdubs zu hören. Betrachtet ihr die Möglichkeit,
Overdubs zu machen eher als verlockenden Fluch oder kompositorischen Segen?
(Manchmal lässt sich ein überproduzierter Song ja live kaum noch druckvoll reproduzieren)
Arne: Overdubs sind für mich eher ein Segen, da ich dem Song so noch Akzente
geben kann, die mir ohnehin im Kopf herum schwirren. Ich mag Overdubs sehr, man
sollte sie aber, wie du schon sagst, sparsam einsetzen.
Tim: Sie sind gut für Spielereien auf Platten. Live kann ich aber gut drauf
verzichten, da wird schon genug geballert.
Bei dem, Song „Secluded“ fällt das sehr schön dynamische Arrangement auf, und der Akkordwechsel der zum ersten mal ungefähr bei 4:40 Minuten in Erscheinung tritt, und dann öfter im Turnaroud gespielt wird. Kurze Entstehungsgeschichte?
Arne: Die Songs entstehen bei mir zu Hause, die Ideen, das ziemlich fertige Gerüst.
Der Rest wird dann im Proberaum zu einem großen Ganzen. Bei „Secluded“ war
es genau wie mit allen anderen Songs. Er bildet keine Ausnahme.
Bei der Review zur „Dreams of the earth“ ist mir aufgefallen, dass euer Drummer von einer Gesamtspielzeit von 63 Minuten ganze 13 Minuten das Schlagzeug nicht zum Einsatz bringt. War das absichtlich so geplant oder eher zufällig?
Arne: Zufall vermute ich…Was ihr so alles raushört: Respekt!
Habt ihr musikalisch irgendwelche Vorbilder?
Arne: Mich inspirieren viele Künstler. Es gibt Bands die ich respektiere, aber Vorbilder
sind sie deswegen nicht. Für mich zählt die Leidenschaft und das Herzblut das eine
Band/Künstler in die Musik steckt. Das hört man heraus, finde ich.
Wenn ihr nur ein Begriff für eure musikalisches Schaffen wählen könntet, welche Richtung trifft am besten zu. Grunge, Altenative, Indie, Noise oder Stoner?
Arne: Keine Ahnung. Ulme ist halt Ulme. Darüber zerbreche ich mir nicht den Kopf.
Textlich/Persönlich:
Wenn man sich die Texte so durchliest, dann macht es den Anschein, dass ihr Eure Umgebung sehr genau wahr nimmt und dementsprechend das Ganze in eure Lyrics verpackt:
Arne: Die Wahrnehmung und das Bewusstsein sind die Grundlagen, dann wird das Wahrgenommene irgendwie verarbeitet. Wenn`s weh tat und scheiße war wird halt
ein Song daraus um sich den Scheiß von der Seele singen zu können.
Tim: Es können aber auch schöne Sachen zu einem Song verarbeitet werden. Passiert
wohl nur nicht so häufig.
Die „Dream of the earth“ ist ein sehr intensives und persönliches Album geworden. Wie viel Kraft hat dieses Album gekostet, oder war es mehr eine Erlösung/Befreiung?
Arne: Ich vermute dass jedes Ulme-Album intensiv und persönlich war, jedes auf seine
Art. Beim ersten Album „Re-Fuse me“ ging es viel um das Finden einer Individualität,
beim zweiten „Ordinary Diva“ war es ein reines Beziehungsgeballer. Es ging um
Trennung, die Verarbeitung von Schmerzen und des Verlassenwerdens. Beim dritten
Album „Green Growing Soul“ verschob sich die Pespektive schon in weitsichtigere
Gefilde. Ja und bei „The Glowing“ Und „Dreams of the Earth“ geht es viel um Glaube
und Hingabe, um die wesentlichen Dinge die einem Kraft und Sinn geben.
„Dreams of the Earth“ ist für mich der Abschluß eines Zeitabschnitts, jetzt
kommt wieder etwas neues…
Wenn man die Songs emotional betrachtet strahlen und schwenken sie zwischen Wut, Trauer und Ruhe aus. Ich kenne kaum Bands die es so intensiv und real rüberbringen können:
Arne: Freut mich das zu hören! Genauso ist es gemeint, genauso soll es klingen.
Auf der „Odinary diva“ befindet sich ein Song mit dem Namen „Womb“. Mögt ihr ein paar Worte über den Text verraten?
Arne: “Womb“ bildet den Abschluss der Beziehungsschlacht der „Ordinary Diva“
Platte. Es ist sozusagen das Resumee, der Punkt, an dem beginnt zu verstehen was
einen wirklich am Leben erhält.
Tim: Auf Youtube gibt’s übrigens `n Video zu diesem Song.
Die Coverartworks und die eigen geschossenen Fotos im Boogleg zeigen oft parallelen zu den Texten auf. Was entsteht zuerst bzw. in wie weit lassen Ulme sich von Bildern inspirieren?
Arne: Meistens entstehen die Songs zuerst. Die Fotografie gibt dem Ganzen noch den
letzten Schliff, sie unterstützt die Aussage der Songs, sie vermittelt ein zusätzliches
Gefühl.
Wie entspannt muss man eigentlich sein um so ein Text wie bei „The glowing“ zu schreiben. Wenn man die Augen schließt und dem Song zuhört, dann kann man sich mit ein wenig Phantasie hineinversetzen:
Arne: Stell dir vor, die Sonne scheint dir auf den Bauch, du liegst auf dem Rücken, über
dir nur blau-der Rotwein tut sein übriges, alles bleibt plötzlich stehen, dann noch die
Hummeln, die in den Blumen herumdüsen. Muss ich dazu noch mehr sagen??!
Wäre da nur nicht immer das Gefühl das irgendwas nicht stimmt…
Wenn ihr live spielt, was geht in euch persönlich vor?
Arne: Für mich ist jede Liveshow eine emotionale Achterbahnfahrt. Danach bin ich
so platt und zufrieden, dass ich kaum ein Wort herausbekomme. Die Songs vor
Leuten zu spielen ist einfach großartig. Man kann die direkte Reaktion in den
Gesichtern sehen.
Tim: 10 Minuten vor Showtime frage ich mich immer warum das alles sein muss.
Nennt man wohl Lampenfieber. Während des Spielens bin ich dann sehr entspannt,
ich weiß ja was ich da tue, und danach auch einfach nur platt. Allerdings muss
ich dann eigentlich immer gleich Quatschen ohne Ende.
Wenn ein Ulme-Song auf deiner Beerdigung laufen sollte. Für welchen würdet ihr euch entscheiden?
Arne: Natürlich für „The Glowing“
Tim: Wohl „Aorta“-live ist killing me
Ich bedanke mich für das Interview und freue mich schon auf weitere Ergüsse von Ulme. Möchtet ihr noch ein paar Worte loswerden?
Wir sehen uns bald live, irgendwo…
Pflanzt mehr Ulmen! Wir brauchen sie!
Links: Ulme
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Reviews zum Thema "Ulme" | | Ulme - "Dreams Of The Earth"
Schon beim Vorabteaser “The glowing” war abzusehen, was für ein Monster auf uns zukommen wird. Nun ist sie endlich da, die „Dream of the earth“. Jahrelang waren Ulme von der Bildfläche verschwunden. Und ehrlich gesagt, habe ich die Band schon längst für tot erklärt. zum Review | | | Ulme - "The Glowing"
Wie schön es doch manchmal ist eine längst tot geglaubte Band wieder zu entdecken. Ganze 6 Jahre waren die Flensburger von Ulme vom Erdboden verschluckt. Und auf einmal ist das Urgestein wieder da, und wie! Ulme haben ihre Wurzeln Mitte der 90èr geschlagen... zum Review |
Live-Reviews zum Thema "Ulme" | | Smoke Blow - Tower Bremen (16.12.2005)
Besuch aus dem hohen Norden hatte sich mit Smoke Blow angekündigt. Doch bevor die Kieler mit ihrer Kür den mehr und mehr im Schneegestöber versinkenden Tower rocken konnten, war zunächst die Pflicht zu absolvieren... zum Review |
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