Hellseatic - Open Air
 

Live-Reviews

Wacken Open Air 2013 - Wacken (30.07.2013 - 03.08.2013)
Dieses Jahr ist alles anders – soviel kann man als Fazit schon mal vorweg nehmen. Wir reisen bereits am Dienstag an, Teile unserer Gruppe sind bereits seit Sonntag vor Ort. Die Freude über das Wiedersehen ist bei allen Beteiligten riesig, der erste Abend wird zu einem riesigen Umtrunk bei bester Musik.

Auch der Mittwoch wird zum Shoppen / Trinken / Sabbeln genutzt, die Bändchen werden geholt, Festival-Shirts gekauft, die Getränke- und Futterstände abgecheckt. Hier bereits die ersten Luftsprünge: Es gibt Langos ( frittierte ungarische Pizza ) und Dampfschwein. Die nächsten 5 Stunden verbringen wir auf der Shopping-Meile und decken uns mit allerhand Shirts und Voodoo-Puppen ein. Die Stimmung ist großartig, die Nacht wieder lang.

Donnerstag

Heute stehen dann die ersten Bands auf dem Programm. Den Auftakt machen Eskimo Callboy im Bullhead-Zelt. Ähnlich wie letztes Jahr herrscht dort ein Bomben-Sound, und die Jungs feuern gleich mal „Bury Me In Vegas“ in die Menge. Im Zelt ist es dermaßen heiß, dass einem der Schweiss nur so runterläuft. Also T-Shirt aus und ab in den Pit! Die Jungs räumen mit den Songs ihrer Debüt-Scheibe ab, Wacken tanzt und hüpft zu „5 $ Bitchcore“ und „Is Anyone Up“. Die 45 Minuten sind viel zu schnell vorbei. Man, hat das Spaß gemacht!

Danach dann das Kontrastprogramm: Deep Purple rocken die Black Stage. Und das machen die alten Haudegen auch verflucht gut. Ian Gillan ist gut bei Stimme und haut mit seinen Kumpanen ein schönes Set raus. Zu „Smoke On The Water“ steht Wacken natürlich Kopf und stimmt lauthals mit ein.

Dennoch ist das Gelände vermutlich so stark überlaufen, weil Rammstein gleich spielen. Oder alle auf den möglichen Heino-Gastauftritt gespannt sind. Man weiss es nicht. Jedenfalls explodiert Wacken sprichwörtlich, als die Berliner mit „Ich Tu Dir Weh“ loslegen, gefolgt vom umjubelten Klassiker „Wollt Ihr Das Bett In Flammen Sehen?“. Es folgt Hit auf Hit, „Keine Lust“, „Sehnsucht“… Zu „Mein Teil“ hockt Keyboarder Flake wieder im Kochtopf und wird von Till Lindemann per Flammenwerfer „gekocht“. „Ohne Dich“ bringt kurz Ruhe in den Puff, allerdings macht „Wiener Blut“ danach erneut kurzen Prozess. Das Finale mit „Links 2 3 4“, „Du Hast“, „Bück Dich“ und „Ich Will“ kann sich mehr als sehen lassen, doch die Zugaben haben es dann gewaltig in sich: Die Piano-Version von „Mein Herz Brennt“ kommt live sehr gut, gefolgt von „Sonne“ – an dieser Stelle sollte Heino in Erscheinung treten, doch keine Spur von ihm. Rammstein zocken den Song, und plötzlich wird er tatsächlich angekündigt und betritt die Bühne – viele jubeln, als er einsteigt und „Sonne“ schmettert. Wann erlebt man so was schon mal? Nach „Pussy“ ist dann Schluss, Rammstein beeindrucken erneut mit starker Show und guter Songauswahl. Und Heino. Sehr gut.


www.youtube.com/v/-WhBajJer2s


Freitag

Heute ist es dermaßen heiß, dass ich nur 3 Bands sehe – was allerdings schon recht viel ist im Vergleich zur restlichen Truppe. Den Anfang machen Eisbrecher auf der Party Stage. Nun ja, vorher bekomme ich noch Tristania mit, die auf der Nebenbühne spielen – was für ein furchtbares Gejammer… Geht gar nicht. Die Eisbuben hingegen legen direkt mit „Exzess Express“ los, dann folgen meine Lieblingssongs „Willkommen Im Nichts“ und „Antikörper“. Schade nur, dass der Sound so schlecht ist – leider nicht das einzige Mal an diesem Wochenende auf der Party Stage. Die Münchener lassen sich davon jedenfalls nicht aus der Ruhe bringen und liefern dennoch einen überzeugenden Auftritt ab, welcher vom alten Megaherz-Klopfer „Miststück“ abgerundet und beendet wird.

Subtropische Temperaturen auch im Bullhead-Zelt, wo Mustasch sich anschicken, die Menge zu rocken. Mit dem vielleicht besten Sound des gesamten Festivals schnoddern die Schweden ihre Songs raus, leider gehen die Leute ob der Temperaturen nur verhalten mit. Trotzdem kommen die Nummern „Down In Black“ und „Double Nature“ etc. natürlich hervorragend an, der Dicke-Eier-Sound macht richtig Laune. Wirklich fantastisch!

Schade, dass Motörhead dann nur 30 Minuten spielen, Lemmy machen die Wetterverhältnisse deutlich zu schaffen. Danach hören wir dann noch im Weggehen Doro, die mit solch illustren Gästen wie Biff ( Saxon ) oder Eric Fish ( Subway To Sally ) aufwartet. Ein Wacken ohne Doro ist irgendwie unvorstellbar. Von unserem Zeltplatz bekommen wir dann noch die ASP-Show mit, welche genau so schlimm ist wie nachmittags Powerwolf. Das ist halt der Nachteil, wenn man so nah an der Bühne zeltet… Getoppt wird das Ganze zumindest lautstärketechnisch von Grave Digger, die uns gegen 3 Uhr ins Bett schicken.

Samstag

Endspurt! Auf dem Weg zur Bühne bekommen wir noch den letzten Callejon-Song „Porn From Spain 2“ mit, danach haben Fear Factory auf der Black Stage einen Wahnsinns-Sound. Burton C. Bell singt wie ein junger Gott und bekommt auch die cleanen Passagen gut hin. Die Doublebass wummert herrlich drückend durch die Boxen, die Erde bebt, „Shock“ und „Edgecrusher“ krempeln das Publikum auf links. Weitere Großartigkeiten lauten „Archetype“, „Cyberwaste“ und natürlich „Replica“. Ganz großes Tennis!

Die apokalyptischen Reiter höre ich mir dann vom Weiten an und esse nebenbei ne Pizza. Wie immer kann man den Reitern einen gelungenen Auftritt bescheinigen. Danach heißt es dann wieder: Bullhead-Zelt, SpitFire gucken. Den Münchenern bleibt leider nur eine halbe Stunde Zeit, die nutzen sie aber mit Krachern der Marke „My Way“ und natürlich „Burn In Hell“. Klasse Leistung bei erneut gutem Sound. Während der Show schüttet es wie aus Eimern, danach ist wieder alles voller Matsche.

Das hält uns aber nicht davon ab, die letzten Bands des Festivals abzufeiern: Anthrax liefern einen engagierten Auftritt ab, der aber leider darunter leidet, dass die Band Joey Belladonna zurückgeholt hat. Völlig unverständlich, hatte man doch mit John Bush einen der besten Metal-Sänger in seinen Reihen. „Madhouse“, „Antisocial“ und Co. ziehen natürlich trotzdem immer. Zwiespältiger Auftritt.

Danach Danzig: Damals eine der ersten Bands, die ich live sehen durfte, danach hat sich Glenn so gut wie gar nicht mehr hierzulande blicken lassen. Umso gespannter bin ich auf seinen Auftritt. Gute 14 Jahre sind seitdem ins Land gezogen. Schon beim Anblick des Banners bekomme ich eine Gänsehaut. Als Danzig dann endlich loslegen, sind alle Zweifel schnell beiseite gelegt – die Truppe präsentiert sich in einem sehr guten Zustand. Der Meister selbst wirkt hier und da ein wenig überheblich ( „Show me your tits!“ ), aber alles in allem kann man hier von einem überzeugenden Auftritt reden. Aus dem Danzig-Backkatalog ertönen fast ausschließlich Großtaten ( „Her Black Wings“, „Twist Of Cain“, „Am I Demon“ ), dann holt Glenn seinen Freund Doyle auf die Bühne, mit dem er einige Misfits-Stücke zum Besten gibt. Songs wie „Last Caress“ kennt man hier natürlich und feiert sie genauso ab wie das nun folgende „Mother“, diesen verdammten Über-Hit. Danach gibt’s mit „Die, Die My Darling“ nach einer Stunde den Rausschmeisser. Klasse!

Meine Leute sehen sich derweil DevilDriver auf der Party Stage an und sind hinterher recht angepisst – wieder mieser Sound auf dieser Bühne. Danach werden bereits die ersten Zelte abgebaut, ich schaue mir jedoch noch Dunderbeist im Bullhead-Zelt an. Anfangs kann man durch die Menge schießen, nach und nach kommen aber einige Interessierte hinzu, so dass die Norweger vor recht ansehnlicher Kulisse mit „Through The Peephole“ loslegen. Wie gewohnt gibt die Band optisch ein einheitliches Bild ab, Gesichtsbemalung und schwarz-weisse Klamotten bevölkern die Bühne. „Father Serpent“ und „Shields Aligned“ sind meine Highlights und kommen recht früh im Set zum Zuge. Der Mittelteil der Show ist bis auf wenige Ausnahmen eher ruhig, „Centuries“ und „Fear & Loathing“ rocken dann noch einmal richtig, ehe die beiden norwegisch gesungenen Nummern „Hatet“ und „Gjør Som Far Din“ den Abschluss bilden und die eigens angereisten norwegischen Fans in den Wahnsinn treiben.
Sehr gute Show, ich freue mich schon auf die Tour im Herbst.

Anschließend sehe ich noch Kärbholz, die mein Kumpel gerne sehen möchte. Nicht so wirklich mein Ding, aber kann man sich durchaus mal geben. Deutsch-Rock mit punkiger Note. Die Meute nimmt die Band aber gut auf.

Am Sonntag kommen wir dann glücklicherweise einigermaßen gut vom Platz und können uns im McDonalds zu Hamburg wieder einige Späße mit der Bedienung und den Gästen erlauben. Immer wieder ein Erlebnis ;)

Das Fazit fällt diesmal ein wenig länger aus. Ich fange mal mit den negativen Aspekten an:

  • Der Sound vor der Party Stage war in diesem Jahr wirklich schlecht
    Das Wackinger Village ist meiner Meinung nach immer noch komplett überflüssig

  • Was zur Hölle machen Santiano auf dem Wacken?! Generell kann man sagen, dass Leute wie Heino ( war ja noch cool ) oder Tim Mälzer ( mit eigenem Pizza-Stand ) und eben Bands wie ASP und Santiano dort doch fehl am Platze sind

  • Es laufen immer mehr Kamerateams über den Platz, das nervt mittlerweile nur noch

  • Viele Leute sind offensichtlich nur da, um a) einmal in Wacken gewesen zu sein und b) so viel wie möglich zu saufen. Manche unserer Zeltnachbarn dürften so gut wie gar keine Bands mitbekommen haben, weil sie vielmehr daran interessiert waren, die herumlaufenden Leute zu nerven ( „Ey Altaaa, zeig mir Deinen Sack!“ )

  • Wieder andere müllen den kompletten Platz ein und demolieren sogar ihren eigenen Wohnwagen ( Reifen nach oben, Feuerwehr und Polizei müssen anrücken ). Glücklicherweise wurden diese Leute erwischt und müssen für die entstandenen Kosten aufkommen – find ich gut!

  • Das Rahmenprogramm nimmt einfach Überhand ( ZDF-Kultur-Boombox und –Waschsalon, Captain Morgan läuft herum und verteilt Hüte, Wackinger Village, Wrestling… die Liste ist endlos ) – Es wird Zeit, dass der Fokus wieder auf den Bands liegt. Teilweise kommt man sich vor wie auf einer Kirmes. Weniger ist manchmal eben doch mehr.


Positiv sind folgende Dinge hervorzuheben:

  • Der Sound im Bullhead-Zelt – Ein Genuss!

  • Auf den Hauptbühnen ebenfalls guter Sound ( -> Fear Factory )

  • Gutes Line Up, Rammstein als Headliner plus viele kleinere Highlights wie Dunderbeist, SpitFire und Mustasch. Eskimo Callboy als Farbklecks war auch gut

  • Gute Organisation, nach dem Regen wurden Pfützen abgepumpt, es gab ausreichend Dixis, Spültoiletten ( auf dem Gelände kostenlos! ) und Duschen
    Relativ Humane Preise ( Merch, Essen, Trinken )

  • Abwechslungsreiches Speisen-Angebot ( Langos, Dampfschwein… )


Trotz allem hat es mir wieder einmal sehr gut in Wacken gefallen, was nicht zuletzt an unserer eingeschworenen Truppe liegt. Wir sehen uns nächstes Jahr zum 25. W:O:A-Jubiläum wieder!

Eisen-Dieter

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