Harbor Inn Studios - Bremen
 

Live-Reviews

Rammstein - Düsseldorf - ISS Dome (06.12.2011)
Es ist ja nicht so, dass wir hier ausschließlich Underground-Konzerte besuchen. Diese Entwicklung begann schon letzten Monat mit Machine Head und Volbeat, und gipfelt nun vor 12.500 Zuschauern im Düsseldorfer ISS Dome. Rammstein hatten geladen, und die „Made in Germany 1995 - 2011“-Tour war noch am ersten VVK-Tag restlos ausverkauft. Dem Abend heute gingen 2 weitere Düsseldorf-Konzerte voraus. Bestimmt haben sich einige Leute die Show an allen 3 Tagen reingezogen. 3 Abende hintereinander Rammstein – nette Vorstellung. Ich belasse es jedenfalls bei diesem einen Konzert am Nikolaus-Tag, knapp 80 Euro pro Ticket machen das Ganze eh zu einem teuren Vergnügen. Allerdings war ich doch gespannt auf die Songauswahl dieser Tour. Doch dazu später mehr.
Gut 90 Minuten vor Einlass erreiche ich den gut ausgeschilderten Dome. Sieht ganz nett aus, das Teil. Eine stattliche Anzahl Besucher hat sich schon vor den Toren versammelt und harrt bei diesem Sauwetter aus. Ich verkrümel mich lieber ins Bistro an der Seite des Domes, wo sich auch ein ganzer Haufen Rammstein-Fans versammelt hat und die Wartezeit mit Frikadelle und Chili con Carne überbrückt. Irgendwann treffe ich dann auch meine heutige Begleitung am Merchandising-Bus, und gemeinsam reihen wir uns in die ziemlich lang anmutende Schlange ein. Der Einlass geht aber erfreulich zügig über die Bühne, trotz personalisierter Tickets und Ausweiskontrolle. Und wie das bei Konzerten dieser Größenordnung so ist: Nobel geht die Welt zugrunde. Überall Merchandising ( gesalzene Preise ), Fressbuden ( lecker Chili reloaded ), Getränkestände mit Rammstein-Bechern ( 0,4 l Bier / Wasser / Cola 5 Euro plus 2 Euro Pfand, es gab 4 oder 5 unterschiedliche Sammelmotive ). Dazu noch 5 Euro fürs Parkhaus.
Um kurz vor Acht starten dann die Deathstars mit „Blitzkrieg“ ( welch Ironie! ) in ihr Set. Ich höre die Band schon seit ihrem 2003er Debüt, sehe sie heute allerdings zum ersten Mal live. Machen einen guten Eindruck, der Sound ist akzeptabel, den Gesang kann man sehr gut raushören. Die Publikumsreaktionen sind eher verhalten, einige vereinzelte Pommesgabeln sind zu sehen. Nach den Songs gibt es aber anständig Applaus. Im Endeffekt sind aber eh alle wegen einer Band hier, wie auch Deathstars-Sänger Whiplasher Bernadotte treffend feststellt.
Und die macht sich auch um Punkt Neun Uhr auf den Weg zur Bühne. Mit Fackel und Flaggen im Schlepptau bahnt sich die Band ihren Weg durchs Publikum und steigt auf Höhe des Mischpults auf eine Plattform, die hochgefahren und mittels einer Brücke mit der Bühne verbunden wird. Über den Köpfen der begeisterten Zuschauer schreitet der Sechser Richtung Bühne, um mit „Sonne“ den Gig zu eröffnen. Was für ein Auftakt! Wie gewohnt schiessen Flammen gen Himmel und jeder gröhlt mit. Das nun folgende „Wollt ihr das Bett in Flammen sehen“ ( wuoah, geil! ) macht direkt klar: Die Tour hat tatsächlich „Best of“-Charakter. Es hagelt Klassiker wie „Sehnsucht“, „Asche zu Asche“ und „Mutter“. Jaha, „Mutter“, sehr geil. Überhaupt muss man sagen, dass sich an diesem Abend mit Nachdruck das bestätigt, was ich schon immer gesagt habe: „Mutter“ ist Rammsteins bestes Album. 6 Songs werden von diesem monumentalen Werk gespielt, soviel wie von keinem anderen sonst. Das Bühnenbild ist verhältnismäßig schlicht, anfangs sah der Hintergrund aus wie in einem Bienenstock, später dann wechselte man zu der von der letzten Tour bekannten Skyline. Allerlei Zündeleien sind natürlich auch am Start, der Feuerbogen, diverse Raketen, Flammenwerfer – Ehrensache. Spaßig wird’s dann bei „Mein Teil“, zu dem Keyboarder Flake in einen überdimensionalen Kochtopf steigt, welcher von Sänger Till Lindemann ( mit schnieker Kochmütze und Hackebeil als Mikro ) entzündet wird. Bei „Du hast“ läuft das textsichere Publikum zu Höchstleistungen auf, Till muss kaum selbst singen. Bei „Haifisch“ kommt wieder das Schlauchboot ins Spiel, Flake lässt sich von den Händen des Publikums durch den Innenraum tragen. Dann die Überraschung: Gitarrist Richard Z. Kruspe steht plötzlich wieder auf der Plattform vom Konzertanfang. Scheinbar ist er da durch einen unterirdischen Tunnel hingelangt. Er spielt auf einem Keyboard eine Art Remix von „Bück dich“, begleitet von einer coolen Lichtshow. Dann senkt sich wieder die Bücke, und von der großen Bühne kommt der Rest der Band, angeführt von Drummer Schneider ( als Domina verkleidet ), als S/M-Hunde an der Leine, angekrabbelt. Schneider führt seine Wau-Waus über die Brücke auf die Plattform, die nun zu einer Mini-Bühne mitten im Publikum umgebaut wurde. Dort schnappen sie sich ihre Instrumente und zocken „Bück dich“, „Mann gegen Mann“ und „Ohne dich“. Eine extrem coole Aktion. Rammstein auf kleinster Bühne – und das mitten in der Halle, umringt von Fans. Zurück auf der großen Bühne gibt es noch 5 Zugaben. Bei „Amerika“ fliegt Konfetti, „Engel“ singt Till mit riesigen Engelsflügeln ( natürlich mit Pyroeffekten ), und zum abschliessenden „Pussy“ schießt er aus einer Pillemann-Kanone Schaum ins Publikum. Dann sind auch schon 2 Stunden um.
Klar, die Effekte sind schon sehr nett, aber heute begeistern Rammstein vor allem mit einer vorzüglichen Songauswahl, die dem Tourmotto absolut gerecht wird. Der Sound geht auch in Ordnung, das Publikum ist manchmal ein wenig hüftsteif, aber zumindest sehr textsicher und laut. Die Aktion mit dem Mini-Set auf der Mini-Bühne im Publikum rechne ich der Band hoch an, eine Reminiszenz an alte Tage, schönes Ding. Alles in Allem ein Abend, den man sich gerne einmal im Jahr geben kann. Ansonsten ist mir das alles eine Nummer zu groß und zu teuer. Allerdings muss man schon sagen, dass man für sein Geld einiges geboten bekommt – diese Show sucht Ihresgleichen. Einfach nur fett. Feine Sache.


www.youtube.com/v/CaiGXbcLPoE


Setlist:

Intro
Sonne
Wollt ihr das Bett in Flammen sehen
Keine Lust
Sehnsucht
Asche zu Asche
Feuer frei
Mutter
Mein Teil
Du riechst so gut
Links 2-3-4
Du hast
Haifisch
Bück dich
Mann gegen Mann
Ohne dich
Mein Herz brennt
Amerika
Ich will
Engel
Pussy

Eisen-Dieter

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