Hellseatic - Open Air
 

Live-Reviews

Rock Harz - Ballenstedt (10.07.2013 - 13.07.2013)
Grad vom Reload-Festival wieder zuhaus, geht es wenige Tage später auf’s nächste Festival. Das Rock Harz feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Jubiläum. Nachdem ich die letzten 3 Jahre aussetzen musste, freue ich mich wieder einmal besonders auf dieses einzigartige Open Air.

Mittwoch

Alleine schon die Anreise durch den wunderschönen Harz ist ein Träumchen. Bewusst gemütlich und ohne Zeitdruck tuckere ich Richtung Ballenstedt. Dort sind natürlich fast sämtliche direkte Zufahrtswege zum Gelände gesperrt bzw. durch Baustellen nur bedingt befahrbar. Also lerne ich die Nebenstraßen und Wohnsiedlungen Ballenstedts kennen und lande schließlich auf dem Flugplatz Schrägstrich Festivalgelände. Nach der „Einlasskontrolle“ ( „Haben Sie Glasflaschen dabei?“ – „Ähm… Nein!“ – „Sicher?“ – „Öh… Ja!“ ) schlage ich direkt mein Zelt auf und genehmige mir den ersten Hieb.

An der Bändchenausgabe stehen die Leute in einer langen Warteschlange, diese Zeit nutzen wir, um mit wildfremden Menschen ins Gespräch zu kommen. Ich erfahre, dass ich der Bassist von Ektomorf bin ( wahlweise auch „Elektromorf“ ) und trinke mich auf die Dimple Minds ein, die erwartungsgemäß mit „Durstige Männer“ das erste Highlight abliefern. Danach servieren dann Megaherz eine gelungene Mischung aus neuen Stücken ( „Jagdzeit“, „Fauler Zauber“ ) und lange nicht mehr gehörten Klassikern ( „Kopfschuss“, „Herz aus Stein“ ).
Trotzdem sagt mir der aktuelle Sänger Lex nicht ganz so gut zu wie sein Vor-Vorgänger Alexx, der heutzutage mit Eisbrecher überaus erfolgreich unterwegs ist. Die Clownsbemalung der Bandmitglieder ist ebenfalls grenzwertig. Trotzdem ein gelungener Auftritt der Münchener.

Donnerstag

Nach der ersten Shopping- und Fressrunde schlagen wir pünktlich wie die Maurer vor der Bühne auf, um uns Audrey Horne reinzuziehen. „Redemption Blues“ wird direkt als Opener in die Menge gefeuert, gefolgt von „Youngblood“, dem Titeltrack der aktuellen Götterscheibe. Und genau aus diesem Album besteht nahezu die gesamte Setlist, lediglich „Blaze Of Ashes“ stammt vom Vorgängeralbum. „This Ends Here“ ist erwartungsgemäß das Highlight dieses energiegeladenen Auftritts. Ganz großes Tennis!

Ebenso Vader, die gegen Abend alles in Grund und Boden knüppeln. Das Wetter spielt gut mit, der Circle Pit staubt ohne Ende – und ehe ich mich versehe, hat man mich gepackt und ich befinde mich mittendrin. Macht aber Spaß, genau wie der Auftritt der Polen.

Das Devin Townsend Project zieht uns dann eine Stunde lang in seinen Bann, der Auftritt ist eine gelungene Mischung aus Metal-Musical ( „Ziltoid“ ), ruhigeren Klängen und stampfenden Brechern ( „Grace“ ). Über allem thront die Stimme des extrovertierten Kanadiers. Das Ganze bei tollem Wetter und kühlem Getränk – perfekt. Abgefahrene Show.

Ganz anders dann natürlich die Ruhrpott-Thrasher Kreator, bei denen weiß man natürlich, was ins Hause steht: Feinstes Geknüppel, vorzugsweise vom aktuellen Brecher „Phantom Antichrist“ oder aus der Mottenkiste ( „Riot Of Violence“ ). Gepaart mit den altbekannten Hits „Pleasure To Kill“, „Endless Pain“ oder auch „Enemy Of God“ servieren uns Kreator hier mal wieder eine absolute Vollbedienung. Schade nur, dass der Sound recht dünn ist – ein Umstand, der uns leider noch häufiger begegnen soll an diesem Wochenende.


www.youtube.com/v/M7EVkaiOw6Y


Freitag

Denn auch beim Auftritt der Excrementory Grindfuckers ist der Sound recht dürftig. Zu dieser recht frühen Zeit am Nachmittag haben sich bereits viele Leute eingefunden, um die modifizierten Versionen von „Looking For Freedom“ oder „Ballroom Blitz“ abzufeiern.

Auch Dark Tranquillity kämpfen mit einem schwachen Sound, lassen sich davon jedoch ebenso wenig beirren wie von der Tatsache, dass die Truppe heute ohne Bassist auskommen muss. Die aktuellen Songs kommen genauso gut an wie Klassiker der Marke „Final Resistance“, „The Misery Crown“ oder das abschließende „The Fatalist“. Höchst sympathische Truppe, und die Musik ist sowieso über jeden Zweifel erhaben.

Iced Earth sehe ich dann zum ersten Mal mit ihrem neuen Sänger Stu Block. Und Hey: Der Mann hat’s wirklich drauf! Sowohl die aktuellen Songs als auch Evergreens vom Schlage „I Died For You“ oder „Watching Over Me“ bringt er überzeugend rüber. Die Stunde vergeht wie im Flug. Gleiches gilt für Soulfly: Maxe eröffnet gleich mit „Prophecy“ und „Back To The Primitive“, es folgen diverse Soulfly- und Sepultura-Hits. Ballenstedt hüpft zu „Arise“ und „Roots“, später holt Max seine Söhne auf die Bühne. Einer von ihnen trommelt sich schon das ganze Konzert über die Seele aus dem Leib. Starke Leistung.

Den Anfang von Feuerschwanz bekommen wir noch vor der Bühne mit, danach verziehe ich mich aber ins Zelt und mach die Augen zu. „Met und Miezen“ höre ich quasi zum Einschlafen vom Zelt aus.

Samstag

Letzter Tag! Und wie könnte der besser beginnen, als mit unseren schwedischen Freunden von Psychopunch? Also ab vor die „Dark Stage“, auch wenn der Name hier definitiv nicht Programm ist. Denn Psychopunch bieten vor allem gute Laune und Hits ohne Ende. Natürlich sind 40 Minuten viel zu wenig, aber immerhin bekommt man „Nothing Ever Dies“, „Overrated“, und wie sie alle heißen, geboten. Ein Smasher jagt den nächsten. Vom aktuellen Album kommen vor allem „Sitting By The Railroad“ und „So Jaded“ sehr gut. Leider sind die Vocals sehr leise abgemischt – trotzdem ein überzeugender Auftritt.


www.youtube.com/v/yTu7TlzOpAs


Da nun vermeintlich eine längere Pause für uns ansteht, machen wir uns auf den Weg zum Spießbraten-Brötchen-Stand. Dort vernehme ich ein cooles Intro, welches mir schon seltsam bekannt vorkommt, ebenso wie die Stimme des Sängers und auch der Song – „Heresy Blasphemy“ – das müssen Mustasch sein! Aber viel zu früh?! Egal, ab vor die Bühne und Kopfnicken. Später stellt sich heraus, dass die Schweden ihren Slot mit Dark At Dawn getauscht haben – das hätte man aber definitiv besser kommunizieren können auf dem Festival-Gelände. Denn so verlieren sich nur eine Handvoll Leute vor der Bühne und beklatschen Granaten wie „Parasite“ oder „Double Nature“ und die deutsch gesprochenen Ansagen von Sänger Ralf Gyllenhammar ( „Seid ihr bereit für Heavy Metal in the night?“ ). Der ganze Auftritt macht einfach nur Spaß und ist viel zu schnell vorbei. Ganz großes Entertainment, die wenigen Leute fordern stürmisch, aber leider vergeblich eine Zugabe.


www.youtube.com/v/3SXRY4tAAnY


Die letzte Band, die ich mir ansehe, ist Dr. Living Dead! – schon wieder Schweden! Allerdings klingt der Sound dermaßen nach den Suicidal Tendencies… Auch das Outfit passt ( bis auf die Totenkopf-Masken ) wie die Faust auf’s Auge. Ist zwar in dem Sinne nichts wirklich Neues, aber Spaß macht die Truppe doch. Im staubigen Circle-Pit mischen dann noch zwei leicht bekleidete Mädels mit, nach der Show dann dieser Dialog:

Marcus: „Geile Show, aber ich hab fast nur auf den Pit geachtet!“
Eisen-Dieter: „Wegen den Mädels oder wegen dem Staub?“
Marcus: „Welcher Staub?“

Anschließend mache ich mich mit einer Träne im Knopfloch auf den Weg nach Hause. Ein wirklich tolles Festival mit vielen tollen Bands und Besuchern. Kritikpunkte habe ich trotzdem:

Der Sound war ziemlich häufig sehr, sehr schwach. Da sollte in den nächsten Jahren dringend was dran geändert werden.

Wie bereits erwähnt, der Tausch von Mustasch und Dark At Dawn hätte besser verbreitet werden müssen.

Fast schon zum Running Gag wurden die Mädels am Merch-Stand: Die haben die Band-Shirts dermaßen lahmarschig an die Wand gepinnt ( ca. 30 Minuten für ein Shirt, incl. Bügelfalten ausbessern etc. ), das war fast schon wieder lustig. Der Ansturm auf den Stand an den ersten 2 Tagen war enorm, da hätten 2, 3 zusätzliche Verkäufer nicht geschadet.

Letzter Punkt: Die Spül-WCs – Kostenpunkt 1,- € pro „Sitzung“ ( Duschen kostet 2,50 €, über die Qualität kann ich aber nichts berichten ;) ). Wenn man schon einen Euro dafür verlangt ( bei anderen Festivals sind kostenlose Spültoiletten bereits Gang und Gäbe ), sollten diese auch sauber und mit ausreichend Papier bestückt sein - das Personal hier wirkte teilweise überfordert.

Das soll es aber auch schon sein. Verbessern kann man immer noch ne Menge. Ich komme im nächsten Jahr gern wieder, hoffe auf besseren Sound und gute Bands.

Eisen-Dieter

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