Interviews | Guano Apes | Rock statt Crossover verspricht man im Info zum neuen Album. Sind die Guanos nun Softies geworden? Weit gefehlt, bereits die erste Single-Auskopplung You Can't Stop Me ist ein treibender, Guano Apes typischer Groove-Bastard; von dem es auf Walking On A Thin Line jede Menge gibt. Auf dünnem Eis bewegt man sich definitiv nicht, hat man seine charakteristischen Merkmale keinesfalls verloren.
Zugegeben befinden sich mehrere ruhige Nummern auf dem Album, doch darin liegt längst eine der zahlreichen Stärken der Band. Sandra Nasic's einmaliger Gesang setzt einmal mehr Akzente und verleiht jeder Nummer der CD seinen unverwechselbaren Stempel.
Walking On A Thin Line ist sicherlich die reifste Scheibe der Göttinger Combo, doch schwer wird sich damit sicherlich keiner tun. Vielmehr untermauern die Guano Apes, dass sie im modernen Rock/Crossover Sektor nach wie vor Deutschlands Vorzeigeband Nummer eins sind.
"Ich bin absolut begeistert von dem Ergebnis", berichtet Gitarrist Henning Rümenapp. "Es war wiedermal ein Kampf, wie das immer bei uns ist. Es hat sehr viel Spass gemacht an dem Album zu arbeiten, wobei es auch harte Zeiten gab. Wir sind nicht wirklich die schnellsten Songwriter und gönnen uns nach jedem Album und den entsprechenden Tourneen gerne kleinere Ruhepausen, in denen wir selbst uns sammel können, um entspannt und relaxt dann wieder ans Songwriting gehen zu können. Es dauerte eine Weile bis die zündenden Ideen kamen, auch macht man sich Gedanken in welche Richtung man denn nun gehen will. Ich habe mich damals oft gefragt, wo unsere Nische sein wird, da alles mit Nu Metal und US Bands überflutet wurde. Aber bei der "tiefer, härter, schneller"-Nummer wollten wir nicht mitspielen. Als wir das alles aus dem Kopf hatten, ging es dann los und die zündenden Ideen kamen. Im Oktober 2001 hatte ich die Grundidee zu Quietly, wonach ich dann wusste, dass wir wieder im Rennen sind. Ich bin wirklich sehr zufrieden und denke, dass dieses Album ein großer und wichtiger Schritt für die Band ist. Einerseits von der Farbästehtik her, wie auch vom Songwriting her. Ich bin positiver Dinge" Was der gute Mann ruhigen Gewissens sein kann.
"Wir haben sicherlich einige ungewöhnliche bzw. untypische Dinge auf dem Album gemacht, aber ich denke dennoch dass wir es sind", beginnt Henning auf meine Aussage hin, dass überraschend viele ruhige Songs auf dem Album sind. "Ich dachte während der Aufnahmen auch, dass die CD ansich eher ruhiger ausgefallen ist. Als ich dann beim Mastering saß, wurde mir dennoch bewusst, dass es doch sehr heftig zur Sache geht. Wir hatten mit unserem Label auch lange Diskussionen, welcher Song nun die erste Single werden würde; wo unter anderem Quietly im Raum stand, unser Label jedoch meinte, daß der Song nicht typisch für uns wäre. Aber ich denke, das ist die normale Entwicklung. Ich bin sehr glücklich darüber, daß wir diesen Punkt erreicht haben." Den Zuschlag der ersten Single erhielt You Can't Stop Me, welcher im Grunde ebenfalls auf den beiden Vorgängerscheiben Proud Like A God oder Don't Give Me Names hätte sein können. "Ich finde eine es immer schwierig, einen bestimmten Song aus einem Album zu picken, das sehr vielseitig ist. Denn dann erwarten die Fans, dass die Guano Apes anno 2003 genau so klingen. Aber wir vertrauen in der Hinsicht unserem Label, denn wenn man als Musiker über einem Jahr an einem Album arbeitet, fehlt einem die objektive Einschätzung. Aber ich denke, dass unsere Fans uns nicht als Single-Band sehen, sondern gerade auf die Vielseitigkeit unserer Alben stehen. Wir sind nicht bewusst ruhiger geworden, denn im Radio werden wir kaum gespielt, wodurch dort auch keine Hausfrauen anrufen und sich beschweren, dass ihnen die Gitarren weh tun. Es ist ein Album das Emotionen besitzt. Witzigerweise hatten wir You Can't Stop Me einige Zeit gar nicht mehr auf dem Produktionsplan, bis unser A&R kam und danach fragte, da wir den Track zuvor auf einem Demo hatten." Wie es der Zufall eben so will. Das Geheimrezept ihres Songwritings, kann mir auch Henning nicht nennen, scheint dieser oft über die eigene Arbeit verwundert. "Es ist wirklich total unterschiedlich. Nimm als Beispiel wieder Quietly, der im Grunde aus einer Jam-Session heraus entstanden ist und nur noch ausgearbeitet werden musste. Dahingegen gibt es die Idee zu Diokhan schon seit sieben oder acht Jahren. Wir haben den Song immer wieder aufgegriffen, konnten ihn aber nie in eine Form bringen, mit der wir zufrieden waren. Für's dritte Album hat es nun aber geklappt, trotzdem muss auch ich manchmal schmunzeln, wenn ich denke wie unsere Songs entstehen."
Für das Songwriting selbst trägt jeder seinen Teil bei, so ergänzt man sich gegenseitig und inspiriert sich untereinander. "Das sehe ich als Stärke von uns, wodurch wir nicht zuletzt an Vielfältigkeit gewinnen. Jeder von uns mag unterschiedliche Musik und im Grunde sind wir vier Querköpfe." Die textliche Seite wird dabei komplett von Sängerin Sandra Nasic abgedeckt, worin sich die Band auch nicht weiter einmischen mag. "Da sie die Texte letztendlich singen muss und sie eine sehr spezielle Art hat sich darin auszudrücken, macht sie das im Grunde selber. Die Stimme ist ihr Instrument. Dennis (Poschwatta, Drums) hat ein paar Texte geschrieben, ich selber hab einen Text für eine B-Seite beigesteuert, aber den Großteil schreibt Sandra selbst. Sie schreibt mit vielen Metaphern und nennt die Dinge oft nur zwischen den Zeilen, so daß der Hörer die Texte selbst interpretieren kann. Es ist oftmals vorgekommen, dass Fans erzählt haben, daß ihnen bestimmte Songs in gewissen Lebenslagen weitergeholfen haben, was uns natürlich ganz besonders freut.“
Das Download-Problem betrifft im Grunde jede Band, auch die Guano Apes haben sich Gedanken gemacht, so gab es nur wenige Wochen vor der Veröffentlichung Promokopien, hierbei auch nur mit zehn der vierzehn Songs der CD. Maßnahmen die trauriger Weise nötig sind. „Wir versuchen uns natürlich dagegen zu wehren, unser Label packt auf die normale CD auch wieder einen Kopierschutz drauf. Man kann sich über dieses Thema die Köpfe heiß reden, was ich jedoch schade finde ist, daß die Musiker dabei manchmal vergessen werden. Letztendlich verdienen wir unser Geld mit der Musik und werden somit „beklaut“. Es ist eine einfache Rechnung, denn wenn keiner mehr Geld für Musik ausgibt, steht auch weniger für Produktionen etc. zur Verfügung. Dabei zähle ich die Musik durchaus zu den Grundbedürftnissen des Menschen. Es ist auch eine gesellschaftliche Veränderung, da Musik einen anderen Stellenwert in der Gesellschaft hat. Die Kids geben mehr Geld für Handy, Spiele etc. aus; die sie sich eben nicht umsonst besorgen können.“ Nichts desto trotz landeten die Guano Apes einen sensationellen Chart Einstieg auf der Spitzenposition und verwiesen manch hochkarätigen Act in die Schranken. Nicht zuletzt Herbert Grönemeyer, auf dessen Album Mensch Henning auf den beiden Songs Neuland und Viertel Vor in die Saiten griff. Bedenkt man, daß dies das mit Abstand erfolgreichste deutsche Album seit Jahren ist, darf man umso mehr stolz auf diese Leistung sein. „Wenn ich darüber nachdenke, so ist es schon ein ziemlicher Hammer. Wir kannten uns, da wir uns mehrere Male bei Fernsehshows und anderen Events aufeinander getroffen sind. Irgendwann sprach er mich drauf an, ob ich auf seinem Album mitspielen möchte. Das war eine große Herausforderung, worüber ich mir schon lange den Kopf zerbrochen habe, nicht zuletzt da ich sehr großen Respekt vor diesem Künstler habe. Er schafft es seit Jahren sein Niveau zu halten und beschreitet immer neue Wege. Es ist auch überwältigend welche Sympathie diesem Menschen entgegenkommen, sehr bewundernswert.“
Sympathien, die auch die Guano Apes verdienen, die der deutschen Musikszene einen sehr wichtigen Impuls geben, aber auch international erfolgreich sind. Walking On A Thin Line wird die Band noch eine Stufe weiter bringen. „Wir hoffen, daß wir unsere Fans zufrieden stellen und jeder Spaß dabei hat. Wir wollen noch lange weitermachen und wünsche mir, daß die Leute unsere Musik genauso bewegt, wie sie uns das tut.“ Dem ist nichts hinzuzufügen...
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