Live-Reviews | Reload Festival - Sulingen (24.08.2018 - 25.08.2018) | Freitag
Immer wieder gerne nehme ich die 80 Kilometer nach Sulingen auf mich, um dem Reload Festival beizuwohnen. Dass das Festival empfehlenswert ist, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben, schließlich kann man dieses Jahr das erste mal „ausverkauft!“ vermelden – ein starker Erfolg, der den Machern in jeder Hinsicht zu gönnen ist. Schließlich bietet man dem Besucher seit Jahren konstant gute Line Ups sowie ein stimmiges Drumherum, und das alles zu stets fairen Preisen. Sollte einfach mal erwähnt werden.
Dieses Jahr habe ich die pfiffige Idee, nach jeder Band eine kurze Sprachnotiz zu erstellen, um die jeweilige Stimmung einzufangen sowie ein abschließendes Resümee aufzunehmen. Daraus sind dann mehrere, teils minutenlange Videoclips entstanden, die recht schonungslos unseren verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol dokumentieren. Wobei sich das „verantwortungsvoll“ vor allem darauf beschränkt, nichts zu verschütten ;)
Die Cocktailbar können wir jedenfalls schon mal bedenkenlos empfehlen. Nun aber zu den Bands!
Nach der sehr problemlosen Anfahrt sind wir deutlich früher als geplant auf dem Infield, welches hier „Battlefield“ getauft wurde, und können schon mal die ersten Bekannten in Empfang nehmen. Auf der Bühne schaffen es derweil Watch Out Stampede, das bereits zahlreich anwesende Publikum auf ihre Seite zu bringen. Hier kommt definitiv nicht nur ihr Heimvorteil ins Spiel, die Band spricht mit ihrem Metalcore einfach einen sehr großen Teil des recht jungen Publikums an. Das Highlight „Die Young“ singen und klatschen einige Tausend Leute mit.
Dann sehen wir uns das Gelände ein wenig genauer an, die ersten Fressstände werden angesteuert, dann noch ein Shirt und natürlich noch eine neue Runde Cocktails. Als Soundtrack laufen die Street Dogs im Hintergrund, deren Punk Rock naturgemäß gut reinläuft und die Partystimmung ( Sonne, Cocktails und gute Musik ) aufrecht erhält.
Dann kommt ein ganz anderes Kaliber, Gary Meskil und Pro-Pain entern die Bühne und toben wie ein Orkan über die Leute hinweg. Diese unfassbare Wucht steckt an – der erste Pit lässt nicht lange auf sich warten – und ich mich nicht zweimal bitten. Die 40 Minuten sind kurz und schmerzhaft, es gibt „Deathwish“ und „Make War Not Love“ auf die Ohren. Standing Ovations auch im Nachhinein für diesen Auftritt. Weltklasse.
Jetzt als nächste Band zu spielen, ist höchst undankbar. Insofern kann man Prong nur höchsten Respekt zollen, dass sie das Level von Pro-Pain halten und einfach Vollgas geben. Allerdings besitzen auch Tommy Victor und Co. jahrelange Bühnenerfahrung und -präsenz, so dass auch dieser Auftritt sehr viel Zuspruch erfährt. „Beg To Differ“ oder „Snap Your Fingers, Snap Your Neck“ gehen eh immer. Also erneut: Daumen hoch!
Eine Pause wird uns noch nicht gegönnt, im Anschluss bitten DevilDriver zum Tanz – und besagter Tanz fällt gewohnt ruppig aus. Alleine „End Of The Line“ und „Hold Back The Day“ zum Einstieg lassen keine Zweifel aufkommen: DevilDriver sind nach wie vor eine Macht. Zum Ende hin tun „I Could Care Less“ und „Clouds Over California“ ihr Übriges: Der Gig kommt einem Triumpfzug gleich.
Danach machen wir dann aber wirklich kurz Pause, Sepultura sehen wir vom Pressezelt aus ( dort werden die Shows übertragen ), Beartooth gar nicht. Die kurze Verschnaufpause war allerdings auch bitter nötig, die Hitze fordert nach und nach ihren Tribut, und als nächstes stehen Eskimo Callboy auf dem Programm. Mir schwant Böses, und genau so kommt es auch: Gefühlt steht jeder Besucher des Festivals vor der Bühne, um die Jungs aus Castrop-Rauxel zu sehen. Die Show hat es dann auch in sich, es gibt eine feine Lichtshow, Konfettiregen und eine Setlist, die sich auf das aktuelle Album „The Scene“ konzentriert. Zwischendurch fällt immer wieder auf, auf was für einen Reigen an Hits die Truppe bereits zurückgreifen kann. Schade, dass die Stunde so schnell vorbei ist. Die Feierstimmung konnte an diesem Abend meiner Meinung nach nicht mehr überboten werden, auch von den beiden Headlinern Flogging Molly und Papa Roach nicht, auch wenn deren Auftritte natürlich trotzdem sehr, sehr gut waren.
Samstag
Nach dem obligatorischen Kaffee steht heute ein Frühschoppen der besonderen Art an: Keine Geringeren als Mr. Hurley und die Pulveraffen stehen bereits um kurz nach zehn auf der Bühne. Der Andrang ist dermaßen groß, dass bereits vor dem Beginn keine Leute mehr ins Zelt gelassen werden. Daraufhin werden kurzerhand einige Zeltwände entfernt, dass auch die Leute draußen etwas sehen können. Die Stimmung wird von Song zu Song besser, auf „Ach ja?!“ ( „Komma her!“ ) folgen „Schrumpfkopf im Rumtopf“ sowie ein gar unglaubliches Medley, welches mit „The Wild Rover“ beginnt, und dann immer absurder wird: „The Final Countdown“, „Barbie Girl“ und „Looking For Freedom“ folgen unter anderem, die Stimmung ist am Überschäumen – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn wie ließ uns der weise Mr. Hurley am Anfang des Sets bereits wissen? „Wir sind die ultimative Legitimation für euch, bereits am Morgen Alkohol zu trinken.“ Demzufolge kann es nur einen Abschluss für heute geben: „Blau wie das Meer“, zu dem das ganze Zelt kollektiv ausrastet. Einen besseren „umgekehrten Headliner“ hätte es heute wohl nicht geben können.
Auf der Hauptbühne starten die mir völlig unbekannten Red County Jail, deren Musik mich zwar nicht vom Hocker haut, aber die auch nicht auffallend schlecht sind. Passabler Auftakt.
Danach sieht es stimmungstechnisch völlig anders aus, die Ryker´s krempeln das Gelände zu dieser frühen Uhrzeit ( 12 Uhr mittags ) bereits auf Links. Alles geht: Sänger Dennis mault sich zuerst auf der nassen Bühne ab, um dann wenig später auf die Monitorboxen zu klettern und ins Publikum zu springen. Generell verbringt er mehr Zeit vor als auf der Bühne. Das Publikum singt fleißig mit, und zum Ende hin ist die Band aus dem Häuschen: „Da hat grad einer den Circle Pit mitgemacht mit nem Bier in der Hand. Respekt, und das um die Uhrzeit!“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Von den folgenden Kaiser Franz Josef bekommen wir nicht wirklich viel mit, dafür sehen wir The Night Flight Orchestra allerdings aus der ersten Reihe. Die Band selbst trägt Fancy Dress und wartet mit 2 Flugbegleiterinnen auf, die Backgroundvocals beisteuern und sich im Takt bewegen und zwischen den Songs grüßen. Musikalisch passt das nicht wirklich zum Rest des Festivals, aber wenn man mal nach „Gemini“ oder „Lovers In The Rain“ in die teilweise verdutzten Gesichter der Leute schaut, erkennt man dort auch viele strahlende Gesichter. Headliner der Herzen, ich fand´s mega!
Danach gibt es dann auf die Fresse, Deez Nuts ( nicht so mein Fall ) und Mantar. Die Bremer sind so etwas wie die Band der Stunde und ihr am Vortag veröffentlichtes drittes Album „The Modern Art Of Setting Ablaze“ ist eines der heißesten Eisen 2018. Oder mit Hanno´s Worten: „Wir haben euch n paar neue Songs mitgebracht. Die sind genau wie die alten, aber halt auch sehr geil!“ Generell sind seine Ansagen mal wieder weltklasse. Kaum zu glauben, dass er neben seinem Part als Gitarrist und „Sänger“ on top noch solche Sprüche raushauen kann. Weitere Kostproben: „Habt ihr Bock auf AUFDIEFRESSE? Ich meine aber nicht die Musik. Kommt mal nachher alle auf den Parkplatz, da gibt es dann auf die Fresse!“
„Habt ihr Bock auf Torfrock? Wir sind nur wegen Torfrock hier! Wir SIND Torfrock! Hat nur keiner gemerkt! Keine andere Band hat den Sound von Mantar so beeinflusst wie Torfrock. Wer genau hinhört, kann auch genau die Torfrock-Referenzen in Erincs Drumming raushören!“
Und so weiter, und so fort. Ich finde es nach wie vor beeindruckend, dass 2 Leute so einen Krach machen können. Auch wenn sich Hanno „apokalyptisches Unwetter“ für den Auftritt gewünscht hatte ( es wurde dann sonnig ), sorgte der Gig durch „Age Of The Absurd“ und natürlich „Era Borealis“ für ordentlich Nachhall.
Danach folgte dann tatsächlich angesprochenes Kontrastprogramm, Torfrock sind für mich dann der launige Abschied vom diesjährigen Reload. Und was kann es Besseres geben, als mit „Rollo, der Wikinger“ im Ohr vom Gelände zu fahren? ;)
Ich muss wohl kaum erwähnen, dass ich mich schon auf nächstes Jahr freue.
Links: Reload Festival
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