Interviews | Guano Apes | Mit den Guano Apes verabschiedet sich ein kurzes, aber dafür prägnantes Stück Musikgeschichte. Die Zukunft ist ungewiss, sicher ist nur dass Sängerin Sandra Nasic die Band verlassen hat und über ihre Entscheidung momentan sehr froh ist. Drei erstklassige Studioalben und zahlreiche, meist sehr erfolgreiche Hit-Singles gehören zu ihrem Vermächtnis, ebenso wie das jüngst veröffentlichte Livealbum und die nun anstehende Best-Of Compilation, samt finaler Singleauskopplung Break The Line. Ihren Zenit hatten die Guano Apes längst nicht erreicht, doch der persönliche Zwiespalt lies der charismatischen Frontfrau keine andere Wahl, als einen Schlußstrich zu ziehen und das Kapitel Guano Apes würdevoll zu beenden.
In unserem Gespräch mit Schlagzeuger Dennis vor wenigen Monaten zum Erscheinen der Live-CD lies dieser schon durchsickern, dass es wohl längere Zeit kein neues Lebenszeichen der Guano Apes geben wird und man sich fortan diversen eigenen Projekten und Solokarrieren widmen wird. Dass über der Combo eine ernstere Krise schwebte, war abzusehen, das aktuelle Best-Of Album erhärtete diesen Verdacht. „Der Hintergrund der Veröffentlichung ist wirklich der, dass wir nicht wissen ob wir weitermachen, weil wir die Zusammenarbeit ersteinmal beendet haben. Von daher war der Zeitpunkt einer Best-Of Platte wohl der beste, auch wenn uns im Klaren ist, dass die Live-CD erst vor kurzer Zeit erschienen ist. Wir schaffen es leider nicht mehr uns zusammenzuraufen, momentan ist das jedenfalls nicht mehr möglich. Eigentlich sieht es so aus, als ob wir vorerst aufhören werden.“ Die Worte von Sandra kommen noch immer sehr zögerlich über die Lippen, Ungewissheit paart sich mit dem Mut zur Entschlossenheit. „Wir haben musikalisch immer sehr gut miteinander harmoniert, nur leider eben menschlich nicht. Wir waren acht Jahre fast pausenlos unterwegs, was mir selbst zuviel wurde und ich eine Pause benötigte. Die Jungs wollten allerdings weitermachen, für sie stieß mein Verlangen nach einer Auszeit auf Unverständnis. Rein menschlich hat sich alles in eine andere Richtung entwickelt. Wenn man früh als Band anfängt und sehr schnell Erfolgt hat, dann weiß man nie wie es untereinander funktionieren wird, wenn man einmal auf Probleme stößt. Allerdings lief es bei uns immer wie geschmiert, wir hatten niemals Schwierigkeiten, was alle auch gewohnt waren. Wenn es dann dennoch mal nicht alles glatt lief, haben wir alle gemerkt, dass wir uns menschlich nicht richtig verhalten und es durchaus größere menschliche Differenzen gibt.“
Noch vor Veröffentlichung ihres grandiosen Debutalbums Proud Like A God aus dem Jahre 1997 gewann der Vierer aus Göttingen den Nationalen Newcomer Contest von Radio FFN und Viva, erspielten sich in kürzester Zeit eine Menge Fans und trafen mit ihren ersten beiden Singles Open Your Eyes und Lords Of The Boards den Nerv der Zeit, womit sie beidesmal die Goldgrenze übertrafen. Der Longplayer überbot das Ganze noch mit Platin und gilt bis heute als das bestverkaufte englischsprachige Debut eines deutschen Acts. „Die drei Jungs waren damals schon dicke Freunde, mich hingegen hat eher die musikalische Herausforderung gereizt. Auf der Bühne hat das alles hervorragend funktioniert, aber ich denke, dass es möglicherweise von Beginn an ein Mann/Frau Problem war, dennoch haben wir im Grunde immer unseren Spass gehabt. Wir haben immer gerne zusammengearbeitet, aber nun ist einfach die Zeit gekommen, in der jeder seine eigenen Wege gehen sollte.“
Im Falle von Sandra Nasic soll es auf alle Fälle in musikalischer Form weitergehen. „Ich bin derzeit auf einem Kreativ-Highway und arbeite mit verschiedenen Musikern an den unterschiedlichsten Ideen. Ich schreibe Songs und tüftle diese im Studio aus, alle gehen in komplett andere Richtungen. Dabei werde ich mir sehr viel Zeit lassen, schließlich kann ich mich voll und ganz ausleben und kann entspannt an die Sache rangehen. Momentan ist das ein wunderschöner kreativer Prozess, ich probiere dabei auch in elektronischer Richtung vieles aus, habe aber auch einen Gitarristen im Studio.“ Es scheint der Sängerin jedenfalls gut zu tun, sie klingt gelassen und entspannt und scheint nichts zu vermissen. Eine Band hingegen erfordert Kompromisse, die man damals jedoch gerne eingegangen ist. „Wir haben sehr vieles gemeinsam geschrieben und entwickelt, das lief immer sehr gut. Sicherlich gab es auch Diskussionen und Songs die ich nicht sonderlich gerne gespielt habe und welche die ich favorisierte. Den Jungs ging es dabei sicherlich ganz genau so. Das macht letztendlich eine Gruppe aus.“
Das aktuelle Best-Of Album ist vollgespickt mit Hits, 16 an der Zahl. Bevor man jedoch ausschließlich in Nostalgie verfällt, darf man sich noch über drei neue und unveröffentlichte Songs freuen. „Diese drei Nummern sind noch während der Produktionsphase von Walking On A Thin Line entstanden. Allerdings blieben sie dann noch etwas liegen, bis ich dann später die Vocals dafür einsang. Ich finde alle drei Tracks sehr gelungen, vor allem Underwear ist mein persönlicher Favorit.“ Break The Line wird als Single ausgekoppelt, im Grunde ein Kracher in gewohnter Guano Apes Manier, der schnell im Ohr hängen bleibt. „Der Song wurde ursprünglich für die Formel Eins geschrieben. Ich hatte mich damals in einen Rennfahrer reinversetzt, es allerdings aus der Sicht des Autos geschrieben, haha. Unterschwellig floss jedoch schon die Problematik innerhalb der Band mit ein, er ist somit zweifach zu betrachten.“ Der dritte neue Song ist Stay, eine wundervolle Ballade. Sandra hatte sich leider vergleichbar selten von ihrer ruhigen Seite gezeigt, weshalb dieser Titel enorm guttut. „Balladen sind einfacher zu singen. Das ist eine Frage der Gefühlsstimmung. Es ist schön, dass man richtig schreien kann und wenn einem danach ist, auch andere Gefühlssituationen darstellen kann. Ich könnte mich nicht entscheiden was ich lieber mag.“
Highlights gab es in der Karriere der Guano Apes viele, sie schafften es stets aufs neue Hits zu schreiben, oder schlichtweg starke Tracks, die nur nicht ausgekoppelt wurden. „Meine Lieblingsnummer ist Scratch The Pitch, den finde ich einfach wunderschön. You Can’t Stop Me ist ein Track den ich nach wie vor sehr geil finde, oder Diokhan, beispielsweise. Kiss The Dawn ist eine Nummer auf die ich ebenfalls sehr stolz bin, die Nummer ist musikalisch und gesanglich ein Schritt nach vorne für mich, die Stimmung gefällt mir und der Text reflektiert eine besondere Zeit.“ Jedenfalls schaut die Sängerin mit positiven Erinnerungen zurück, ist dennoch aber froh, das Kapitel vorerst abgeschlossen zu haben. „Es kehrte am Ende vielleicht zuviel Routine ein, vor allem die Touren waren für mich letztendlich eher belastend, dazu fehlte mir am Schluss die Power. Ich kann mir vorstellen, dass Henning, Stefan und Dennis in anderer Form weitermachen, dass ich jemals wieder dazustoßen werde denke ich zwar nicht, will es aber auch nicht ganz ausschließen, sag niemals nie! Ich möchte mich nicht im Kreis drehen. Viele Leute sagten mir dass es wohl der bescheuertste Moment ist um aufzuhören, da wir wirklich immer mehr verkauft haben und uns etabliert hatten. Für mich war es aber ermüdend und ich bringe auch Verständnis gegenüber den drei Jungs auf, dass sie nicht die Geduld haben auf meine Pläne einzugehen. Es ist für alle nicht einfach, aber es ist ein Schritt den man akzeptieren muss. Man wird sicherlich nicht erzwingen können, dass wir einmal wieder zusammenkommen.“ Schauen wir was die Zukunft bringt, es wird zumindest nicht allzu lange dauern bis wir von Sandra in Soloform etwas zu hören bekommen. Im kommenden Jahr wird es sicherlich soweit sein, denn Songs gibt es wie erwähnt schon jede Menge. Still wird es sicherlich auch um den verbleibenden, maskulinen Teil der Band nicht bleiben und Schlagzeilen wird es geraumer Zukunft bestimmt noch einige geben.
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