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Wacken Open Air 2015 - Wacken (30.07.2015 - 01.08.2015)
Willkommen zur Schlammschlacht des Jahres!
Da es bereits bei der Anreise regnet, als gäbe es kein Morgen, ahne ich, wie die Campingplätze und das Gelände in den nächsten Tagen aussehen werden, und ertränke meinen Kummer in Alkohol. Dieses Prinzip funktioniert die ersten Tage erstaunlich gut ( Anreisetag unserer Gruppe: Montag ), führt aber auch zu diversen Abstürzen. Egal, Systemneustart und ab dafür. Bands treten erst ab Mittwoch auf, bis dahin wird in den wenigen trockenen Momenten das Dorf erkundet usw.

Mittwoch

Die obligatorische Eingangsfrage „Ob ihr behindert seid, hab ich gefragt“ bleibt wieder mal unbeantwortet, stattdessen wird die Matschwüste immer schlimmer, teilweise steht man knietief in der Suppe. Am Nachmittag steht das erste von 3 Mr. Hurley & die Pulveraffen Konzerten im Wackinger Village an. Die Stimmung ist trotz der miesen Wetterlage grandios, Gassenhauer wie „Booty Island“ und „Blau wie das Meer“ tun ihr Übriges – Wacken steht Kopf. Neben uns schieben ca. 20 Leute mit ihren Schuhen einen riesigen Matschhaufen zusammen und tanzen um eben diesen herum – incl. Richtungswechsel und Ausdruckstanz. Stark.

Den restlichen Tag warten wir sehnlichst auf die Ankunft des Kollegen DsvK, welche sich aber aufgrund der Wetterlage bis in die Abendstunden hinzieht. Musste auf dem Weg auch bestimmt noch einige Autogrammwünsche erfüllen ;)

Donnerstag

Erneut eröffnen Mr. Hurley & die Pulveraffen den Tag – musikalisch gesehen. Die Setlist wird im Vergleich zum Vortag leicht variiert, u.a. finden nun der „Plankentanz“ und „Ach ja?!“ den Weg ins Wackinger Village. Erneut verstehen es die Osnabrücker Piraten, das Publikum zu begeistern und ernten entsprechend euphorische Reaktionen.

Den Anfang von In Extremo verpassen wir leider, im Großen und Ganzen wurde die Setlist, die schon auf den onkelz-Open-Airs gespielt wurde, aber auch nicht verändert. Aber warum auch? Wer Kracher wie „Frei zu sein“, „Vollmond“ und „Spielmannsfluch“ schon im ersten Show-Drittel rausfeuern kann, ohne sein Pulver vorzeitig zu verschießen, macht eh alles richtig. Wacken frisst den Mannen jedenfalls aus der Hand, Sänger Michael Rhein führt wie gehabt charmant durch die Show. Gelegentlich zucken Pyros über die Bühne, der Sound drückt schön – astrein. Zum Schluss gibt es von den Wacken-Organisatoren noch einen Kuchen zum 20-jährigen Bandbestehen, welcher umgehend mit den ersten Reihen geteilt wird. Immer wieder sehenswert, die Jungs.

Die Menschenmassen vor der True Metal Stage machen sehr schnell deutlich, dass sich sehr viele Leute auf Rob Zombie gefreut haben, der ja auch zudem nicht allzu oft hierzulande auftritt. Den Auftritt würde ich als routiniert beschreiben, Rob Zombie ist einfach ein alter Hase, der genau weiß, wie er das Publikum packen kann. Schon als zweiter Song ertönt ein alter White Zombie Klassiker - „Super Charger Heaven“ ( oh yes! ) - im weiteren Verlauf der Show folgen Coverversionen der Ramones ( „Blitzkrieg Bop“ ) oder auch Metallica ( „Enter Sandman“ ). Als Zugabe gibt es dann mit „Dragula“ seinen bekanntesten Solo-Hit, und auch wenn er seine komplette Spielzeit nicht vollständig ausnutzt, dürften hier wohl sehr wenige Leute enttäuscht gewesen sein. Solide Show mit einigen Ausreißern nach oben.

Die Headliner Savatage, die zusammen parallel mit dem Trans-Siberian Orchestra auf den beiden Hauptbühnen spielen ( hat es auch noch nie gegeben ), verpasse ich leider auch größtenteils, das Ende samt üppigen Feuerwerk und gewaltiger Lichtshow bekomme ich aber noch mit. Ein schöner Ausklang für den Donnerstag.

Freitag

Bereits um 11 Uhr machen wir uns zum ersten und leider auch einzigen Mal auf den Weg ins Bullhead-Zelt, wo die 4 Münsteraner von Zodiac bereits mit den Hufen scharren. Der gemächliche Bluesrock ist der ideale Start in den Tag. Nach und nach wird das Zelt auch immer voller, und nach monumentalen Nummern wie „Coming Home“ oder der Neil-Young-Coverversion „Cortez The Killer“ erwischt man sich dabei, sich Freudentränen aus den Augen zu wischen. Knackige Nummern vom Schlage „A Bit Of Devil“ lockern das Ganze ein wenig auf, und ehe man sich versieht, sind 45 Minuten passe. Absolut großartiger Auftritt.

Leider erwischen Kvelertak den miesesten Sound des gesamten Festivals, was leider ein wenig die Stimmung trübt. „Vom Winde verweht“ trifft es hier ganz gut. Schade, denn die Setlist lässt kaum Wünsche offen. Generell finde ich es etwas merkwürdig, dass die Norweger auf der Hauptbühne spielen, in meinen Augen wäre hier das Bullhead-Zelt die eindeutig bessere Wahl gewesen.

Im direkten Gegenzug das nächste Abrisskommando: At The Gates auf der Black Stage. Der Sound ist glücklicherweise deutlich besser und wummert direkt in die Magengrube. Eigentlich fehlt nur noch, dass der agile Sänger Tompa Lindberg von der Bühne springt und dir persönlich nen Hieb verpasst. So kann man sich perfekt davon überzeugen, dass die Songs des Comeback-Albums „At War With Reality“ sich sehr gut in die Klassikerriege einfügen. Und davon gibt es heute reichlich. Trotz Allem ist auch heute wieder der unvermeidliche Hit „Blinded By Fear“ das absolute Highlight einer einzigartigen Show.

Gegen Abend liefert dann Zakk Wylde mit seiner Black Label Society ein weiteres Highlight ab. Mit viel Gefühl und noch mehr Können posiert der Meister an seiner Klampfe, röhrt seine Texte über den Acker und – ich wiederhole mich – brilliert an seiner Gitarre. Posen kann er natürlich auch meisterhaft, doch es sind die ruhigen Momente wie etwa bei „In This River“, die heute hervorstechen. Hier sehen wir Zakk am Klavier, im Hintergrund ein Foto von ihm mit Dimebag Darrell – Gänsehaut. Nicht nur mein Kumpel Dominik und ich stehen nachher Arm in Arm vor der Bühne. Krasser Moment. Während der Show setzt langsam die Dunkelheit ein, auch sehr geil. Auch hier gilt wieder: Richtig gutes Konzert.

Die In-Flames-Show im Anschluss ist dann total schräg: Ich hatte eigentlich viele neue Songs erwartet, was mich aufgrund des schwachen letzten Albums auch davon abhält, mir die Show vor der Bühne zu geben. Doch der Wind steht gut, und so kann ich das komplette Konzert vom Bett aus hören. Und darf mir gepflegt in den Arsch beißen: „Only For The Weak“ als Opener, „Bullet Ride“ an Position 3 – Eigentor Eisen-Dieter. Es kommen nur 3 neue Songs zum Einsatz. Im Gegenzug finden viele Überraschungen ihren Weg ins Set, etwa „Drifter“ oder das ruhige „The Chosen Pessimist“. Lediglich die Gesangsleistung von Anders Friden ist etwas grenzwertig, an den unpassensten Stellen growlt er plötzlich, was prinzipiell sehr löblich ist, aber halt oftmals auch unpassend. Nun ja – auf dem Reload-Festival dieses Wochenende werde ich sie mir definitiv ansehen.

Auch Running Wild kann man sich aufgrund der Lautstärke prima vom Bett aus anhören. Da „Under Jolly Roger“ aber schon relativ früh verbraten wird, mache ich im Anschluss lieber die Äuglein zu. Morgen ist schließlich Endspurt angesagt.

Samstag

Und dieser Endspurt hat es noch einmal so richtig in sich. Den Auftakt machen Kataklysm mittags um zwölf auf der Party Stage, und endlich ist dort mal der Sound top. Das war die letzten Jahre ja ein Manko. Heute hingegen wirkt alles wie ausgewechselt, als die Mannen um Maurizio Iacono über die Bühne wüten. Ultra fett und tight kommen Abrissbirnen der Marke „As I Slither“ oder das neue „The Black Sheep“ aus den Boxen gedonnert. Überhaupt fügen sich die neuen Songs sehr gut ins Gefüge ein. Wie gesagt, absolut beeindruckend, mit welcher Vehemenz die Herren hier zuwerke gehen. Wahnsinn, alle Daumen nach oben!

Danach Kontrastprogramm: Um einen guten Platz für Skindred zu ergattern, machen wir uns schon recht früh auf Richtung Party Stage. Allerdings bekommen wir so noch das Schlussdrittel der Powerwolf-Show mit. Ich habe ja für vieles Verständnis, aber warum so viele Leute diese Grütze abfeiern, wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben. Ganz schlimmer Gesang, Kirchenorgel... Nee, absolut nicht meine Baustelle. Ein Graus.

Glücklicherweise lassen Skindred dann nicht lange auf sich warten, aber nach dem „Thunderstruck“-Intro wird die Lautstärke scheinbar heruntergedreht, und „Kill The Power“ kommt nur mit halber Kraft aus den Boxen. Doch glücklicherweise wird schnell reagiert und nach oben korrigiert. Gut so, denn nun kann man „Nobody“, „Warning“ und Co. auch richtig genießen. Sänger Benji Webbe hat das Publikum im Handumdrehen im Griff, ständig fliegt irgendwo Konfetti in die Luft, Circle Pits bilden sich, Leute hüpfen... Party Stage – der Name passt hier wie die Faust aufs Auge. Auch das spricht für die musikalische Bandbreite in Wacken – Crossover kommt gut an. Die Jungs machen aber auch alles richtig und liefern ab, am Ende gibt es den legendären Newport Helicopter, bei dem alle Zuschauer ihr Shirt durch die Luft wirbeln. Well done!

Dass die ausschweifende Stimmung bei Danko Jones nicht abreißt, ist irgendwie logisch. Dafür hat der Kanadier mit dem losen Mundwerk einfach zu viele gute Songs und zu viel gute Laune im Gepäck. Und so tanzt es sich zu „The Twisting Knife“, „First Date“ und natürlich „Code Of The Road“ gar hervorragend auf dem nun etwas trockenerem Boden.

Nach einem etwas ausgiebigerem Shopping-Trip hören wir den Anfang der Blechblosn auf der Beergarden Stage. Sauflieder. Aus Bayern. Ganz, ganz schlimm.

Ein weiteres Phänomen ergibt sich, wenn Black Stage und Party Stage gleichzeitig bespielt werden. Dann erhält man so lustige Mash Ups wie Sabaton / Cannibal Corpse oder auch – sehr genial - Cradle Of Filth / Santiano. Schräg.

Den krönenden Abschluss bilden dann wie erwartet Judas Priest, die in das erwartete Klassiker-Set 3 neue Songs einbauen, was völlig OK ist. Trotzdem sind 15 Songs als Headliner irgendwie wenig. Nichtsdestotrotz bieten Priest eine astreine Show, und Rob Halford ist erstaunlich gut bei Stimme, teilweise baut er Growls in die Songs ein – coole Nummer, kommt gut. Und wie gesagt, „Metal Gods“, „Breaking The Law“ und „Painkiller“ gehen immer. Würdiger Headliner, ganz klar.

Und dann ist auch schon wieder alles vorbei. Am Sonntag kommen wir glücklicherweise gut vom Platz, was bei den Schlammmassen so nicht abzusehen war. Viele andere Autos mussten mit Schleppern vom Ground gezogen werden.

Das Fazit fällt wie eigentlich immer positiv aus. Die Veranstalter haben alles dafür getan, das Festival zu retten und stattfinden zu lassen, auch, wenn zwischenzeitlich das Wetter so schlecht war, dass keine Autos mehr aufs Gelände durften. Die Konzerte selbst waren durch die Bank weg überzeugend, der Sound meist gut. Wir sehen uns dann im nächsten Jahr!

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Wacken Open Air 2015

Eisen-Dieter

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